_Intervention in Mukhina

Meinungsträger
15. Oktober 2012 Aktion während der Pressekonferenz

Nach zwei Tage intensiver, kollektiver Arbeit ist die Fertigstellung der Meinungsträger soweit abgeschlossen. Die Puppe wird so konstruiert, dass sie schnell und problemlos ab und aufgebaut werden kann. Der Treffpunkt für die Aktion mit den Student_innen ist am Eingang des Hauptquartiers des Künstler Verbandes, wo später die Versammlung und die Pressekonferenz der Studierenden und Dozent_innen mit Vertretern der Presse stattfinden soll, wir fahren mit einigen Kolleg_innen des Workshops von dem KJI Haus Projekt zum Treffpunkt, wo der Rest der Student_innen auf uns wartet, wir nehmen ein Bus, mit der zerlegten Marionette unter unseren Armen und der Stau der Straßen Sankt Petersburgs zwingt uns dann aus dem Bus auszusteigen um rechtzeitig vor dem Ort der Versammlung sein zu können. Die auseinandernehmbare Konstruktion und die Materialien lassen auch einen problemlosen Transport zu Fuß zu. Wir sind nach einem geschwitzten „Spaziergang“ durch die Straßen Sankt Petersburgs endlich am Eingang der Akademie und beobachten schon aufgeregte Gesichter und Stimmen von Student_innen, Künstler_innen und Dozent_innen, wir verstehen aufgrund der Sprachbarriere überhaupt nicht was diese besprechen und plötzlich zieht uns eine der Studentinnen nach innen und weist uns darauf hin, dass es schon so weit ist und die Versammlung in kürze anfangen soll. Wir treten in das schicke Gebäude ein (einer eleganten Mischung aus dem Petersburger Barrock und dem Klassizissmus) und laufen hoch über Treppen flankiert mit Säulen aus Marmor, wo wir eine Ecke finden um die Marionette schnell aufzubauen und für die Aktion vorzubereiten. Es ist soweit und wir werden darauf hingewiesen, dass in der oberen Etage die Versammlung stattfindet, wir kommen hoch und betreten den Raum wo die Kameras der Medien zu sehen sind und ca. 200 Personen im Raum zusammengekommen sind, die dem Podium und der Debatte Aufmerksamkeit schenken . Die Puppe wird zwischendurch hinter einer Wand versteckt und wir warten bis der Direktor der Akademie bzw. sein Vertreter das Mikrophon übernimmt.

In der Zwischenzeit haben einige Kolleg_innen zahlreiche Spam-mails verfasst, mit Einlagen der erotischen Werbeshows, welche in den Räumlichkeiten der Universität gegen Cash gedreht wurden sowie mit wichtigsten Internet Links oder Bilder von zusammenhängenden Phänomenen versehen. Diese wurden eine Stunde vor der Intervention an die Beteiligten, mit spezifischen Items versand: wie z.B. “Gemworld” Market, welche in der Uni gedreht wurden, Die Pop-videos von Nikolai Baskov’s “Wanderer”, welche ebenfalls im gleichen Gebäude gedreht wurden, sowie andere Beiträge der “adult entertainment” Industrie von Sankt Petersburg.

Nach einigen Denunzierungen auf dem Podium von Studenten und Dozenten sollte der Vertreter des Direktors das Wort haben (der Direktor selbst hatte sich nicht getraut anwesend zu sein). In diesem Moment treten zwei Student_innen mit der Marionette auf. Die Kameras der Nachrichtensendung sind an und endlich fängt der Vertreter des Direktors mit seinem Diskurs an. Die 3 Meter Marionette mit ihren 8 Armen bewegt sich durch den vollen Raum und attackiert theatralisch die Fliege(mucha, welche die Universität symbolisiert) mit den Armen. Begonnen wird die Intervention im zweiten Stock des atriumartigen Raumes, wo alle Anwesenden die Performance beobachten können. Gelächter und, für uns unverständliches, Flüstern fangen an den Raum zu überfluten, während der Vertreter des Direktors sich zu verteidigen versucht, mit einer 3 Meter Spinne im Nacken und Stimmen der Empörung die ihm entgegenschlagen. Die Spinne bewegt sich weiter durch den Raum und auch hinter dem Podium. Das Zeichen von Empörung und Protest der Studenten und Dozenten wird deutlich gezeigt und das Spektakel kommt zum Ende.

Wir alle beenden die Intervention mit einer Mischung aus Euphorie und Enttäuschung, denn der Direktor wird bestimmt seine Stelle behalten, Studenten werden wahrscheinlich bestraft und kritische Dozenten weiterhin gefeuert. Die unkosheren Einnahmen der Universität fließen weiter in die Tasche der korrupten Direktion von dieser und anderen Akademien oder Institutionen Russlands, während die Studenten weiter unerträgliche Jobs machen müssen um weiter studieren und arbeiten zu können, um letztendlich ein Diplom zu bekommen, welches ihre künftige Existenz aller Wahrscheinlichkeit nach nicht sichern werden wird.

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