HIDDEN AGENDA
Ausstellungsdauer: 1.11.2014 bis 28.11.2014
Vortrag: Grenzgänger – Leben zwischen Ost und West
Montag den 03.11.2014 um 19 Uhr im Glaskasten
von Dr. Liana Kang-Schmitz (Politikwissentschaftlerin), Tochter einer eines nordkoreanischen Vater und einer Westdeutschen Mutter, Prinzenallee 33, 13359 Berlin/Wedding
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Anlässlich der Präsidentschaftswahlen in Südkorea 2012 und des diesjährigen 25. Jahrestags des Berliner Mauerfalls thematisiert der koreanische Künstler Jae-Hyun Yoo* im okk/raum29 in Berlin-Wedding in seiner ersten Multimedia-Einzelausstellung den stillgestellten Konflikt zwischen den beiden koreanischen Staaten.

Im Ergebnis eines Stellvertreter-Krieges – der aus dem 2. Weltkrieg hervorgegangenen Supermächte – ist die koreanische Nation in zwei Staaten geteilt, die sich offiziell bis heute im Krieg befinden. Dieser eingefrorene Zustand eines früheren militärischen Hot Spots war lange Jahre ein lebendes Bild des Kalten Krieges und ist heute ein seltsames Überbleibsel eines vergangenen Zeitalters. In der betroffenen Nation aber ist er unbewältigt, öffentlich und unterschwellig wirksam und prägt die Haltungen und das Bewusstsein in beiden Staaten.
Sich mit diesem Thema in Berlin auseinanderzusetzen, ist Yoo besonders wichtig, weil die Teilung Deutschlands weithin überwunden, aber hier bis heute noch immer plastisch präsent ist. Die vexierende Verdopplung der Perspektiven soll im Bekannten das Unverständliche, im Fremden das Bekannte widerscheinen lassen, um die Unvertrautheit des politisch Alltäglichen sichtbar zu machen.
Mit minimalistischen Installationsarbeiten sucht der Künstler darzustellen, wie wenig reflexartige Schuldzuweisungen geeignet sind, die an der Oberfläche eindeutige, unterschwellig aber verworrene Lage in Korea zu beurteilen, denn beide Seiten sind mit bis ins Absurde gesteigerter Propaganda und anachronistischen politischen Praktiken darum bemüht, den je gewachsenen und forcierten gesellschaftlichen Konsens der Gegnerschaft aufrechtzuerhalten. Er setzt dazu Darstellungen von propagandistischen Inszenierungen und Monumenten ein und zeigt Dokumente und Konsequenzen einer Politik der Kontaktsperren, die sich bis in Auslandscommunities von Koreaner/innen auswirken. Die Prägung der innenpolitischen Physiognomie beider Staaten macht er im Spiegel offiziöser Symbole sichtbar, die zeigen, wie die konfliktgeladene Lage alltägliche Überwachung veranlasst, staatliche Kontrolle legitimiert und die Individuen bis heute zwingt, eindeutig Partei zu ergreifen und er dokumentiert im Westen unbekannte Fälle persönlicher Schicksale, die vom Konflikt gezeichnet sind.
Die Politikwissenschaftlerin Dr. Liana Kang-Schmitz** wird in ihrem Vortrag “Grenzgänger – Leben zwischen Ost und West” darstellen, wie das Leben von Nord- und Südkoreaner/innen in Deutschland durch den Kalten Krieg beeinflusst wurde. Sie wird die Motive nordkoreanischer Student/innen in der DDR erläutern, die in die BRD flohen und die Barrieren des Misstrauens schildern, die von westlichen Behörden und im Westteil Deutschlands lebenden Südkoreaner/innen errichtet wurden. Sie wird von Lebensumständen berichten, die durch erzwungene Verborgenheit mitten in westlichen Konsumgesellschaften geprägt waren und ihre Folgen für das private Leben schildern. Sie wird dabei auch auf die sogenannte „Ostberliner Geheimdienstaffäre“ eingehen, die ein alle Erwartungen westlicher Zuschauer/innen durchkreuzendes Ereignis der Zeitgeschichte war und den Anstoß für die Wahl des Titels der Ausstellung gab.
Nicht zuletzt wird sie erörtern, wie sich die Situation für die zweite Generation der in Deutschland lebenden Koreaner/innen darstellt und welche Positionen, Haltungen und Probleme ihr Selbstverständnis heute bestimmen.





