29.03.2019 – 21.04.2019
Unter dem Ausstellungstitel, der an einen abgeschmackten Spontispruch erinnert, zeigt Diego Castro Arbeiten aus den letzten Jahren, die sich mit der Ikonografie der Bundesrepublik befassen. In Malereien, Zeichnungen, Audioarbeiten und Video setzt sich Diego Castro mit Bildsymboliken und Historie des westdeutschen Staates auseinander, den er – ähnlich wie die DDR – für untergegangen hält. Die sogenannte Stunde Null, die Kontinuität der Nazizeit im Persil-Schein-Land, der deutsche Herbst oder die Privatisierung der Medienlandschaft im historischen Windschatten der Wiedervereinigung sind nur einige der Themen, die er behandelt. Dabei erstaunt immer wieder auch die Konfrontation von ernsten Themen mit einem Hintergründigen Humor. Immer wieder taucht in seinen Bildern Mecki auf, der gemütliche Igel aus der Hörzu, der nach dem Untergang des Herrenmenschen, einen neuen Typ des Deutschen symbolisieren sollte: Ein behäbiger Hausmeister-Typus, der den Deutschen Toleranz, Friedfertigkeit und sogar Demokratiebewusstsein vermitteln sollte. Bei Castro gerät Mecki in Dialog mit der Ästhetik Albert Speers und Arno Brekers. In der Serie „Deutsche Farben“ malt der Igel mit bläulichen Schattierungen aus den Nachfolgebetrieben der I.G. Farben sogar selbst in der Rolle des Künstlers, die symbolisch für die Neuerschaffung steht. Schlagersänger und Charaktere der Bonner Republik gehen gegenüber protestierenden Studenten in Stellung. Die Malerei Castros ist ein Realismus mit pastosem Pinselstrich, der an die frühen Tage des kapitalistischen Realismus anknüpft, indem sie Bilderwelt mit Sozialkritik verknüpft. Dabei ist sein expressiver Malgestus nicht expressionistisch. Mit dem archaischen Medium des Tafelbildes befragt Castro nicht die Gefühlswelt, sondern verarbeitet die Bilderwelt einer bereits historisch gewordenen Mediengesellschaft, die in dieser Form nicht mehr existiert. Seine Zeichnungen zeugen im Gegensatz zu seinem lockeren Pinselschwung von einer Präzision, die Teilweise bis an das Fotorealistische herangehen können, um dann wieder mit absichtsvollem Primitvismus einen gewissen Humor entfalten. In Kombination mit Audio-Arbeiten und Video ergibt sich ein komplexes Beziehungsgeflecht zwischen den Exponaten.
Diego Castro wurde 1972 in Hannover geboren. Er studierte bildende Kunst in Kiel, Saint-Etienne und Nantes, sowie Kunsttheorie in Genf. An der HfBK in Hamburg promovierte er mit einer wissenschaftlich-künstlerischen Arbeit. Seine künstlerischen Arbeiten wurden auf zahlreichen internationalen Ausstellungen gezeigt. Diego Castro ist darüber hinaus als Autor und Hochschullehrer tätig. Bekannt wurde auch er als Frontmann der Kreuzberger Garagenrock-Band „Black Heino“.