“…später baut sie Atomschiffe“
Lisa Glauer
“…später baut sie Atomschiffe“
Frauenmilch als Material und Darstellung in der Kunst
Ausstellung, Performance: Experimentelle Evidenzproduktion durch Sichtbarmachung
(künstlerisches Forschungsvorhaben im Rahmen des PhD in Art &Design, Bauhaus-Universität Weimar)
Lisa Glauer
Performance: 22.02.2013, 20 Uhr
Künstlergespräch mit Kunstvermittler Carsten Horn, und Künstlerin Julia Bonn (AG domestic utpopias, ngbk)
24.02.2013, 18 Uhr
Ausstellung: 22.02. – 03.03.2013
In Zusammenarbeit mit Mirjami Schuppert and Robert Huber, EGFK
Als Lenin im Gefängnis saß, wurde er daran gehindert, zu schreiben. Somit konnte er nicht mit seiner Gefolgschaft kommunizieren. Allerdings kannte er einen Trick: wenn man mit Milch schrieb, würde das Geschriebene unsichtbar bleiben, bis es erhitzt wurde. Also lies er sich von seiner Frau Bücher bringen und bat den Gefängniswärter um Milch und Brot. Er formte ein Tintenfass aus dem Brot, goss Milch hinein and schrieb heimlich zwischen die Zeilen des Buches. Jedes Mal wenn der Gefängniswärter kam um zu sehen was er da gerade machte, aß er schnell das Brot. Das erlaubte Lenin mit seiner Gefolgschaft aus dem Gefängnis heraus zu kommunizieren. Seine Frau erzählte die Geschichte nach seinem Tod.
(Zusammengefasst aus: Unser Lenin, 1972.)
Lenin’s „Stimme“ benötigt die Milch – in diesem Fall, um „lebendig“ zu bleiben, indem er mit anderen insgeheim kommuniziert. Im performativen Vortrag wird eine alternative Interpretation vorgestellt (Fiktionalisierung, Kunsteingriff): Lenin’s Frau Nadezshda Konstantinovna rettete Texte, die sie selbst geschrieben hatte, vor der „Sterblichkeit“ indem sie diese unter die Autorschaft Lenin’s platzierte.
Bilder aus gespendeter Frauenmilch auf einer Papierrolle, werden, „Evidenz produzierend“ hervorgebügelt. Die weiß auf weiß gemalten Bilder aus Frauenmilch, Ziegenmilch und Milchpulver werden geplättet als schwarz werdende Milch sichtbar. Der Geruch presst sich ins Geruchsgedächtnis der Anwesenden. Die Bilder aus gebügelter Milch zeigen technische Illustrationen von AKW und Kriegsgeräten aus den historischen Jugendzeitschriften: „Hobby“ (BRD), „Jugend und Technik“ ( DDR), sowie aus zeitgenössischen Quellen. Die Perfomance zur (Un)sichtbarkeit der Frauenmilch untersucht Mythen um Geschlecht, Frauenmilch und Technologie indem auf den vermeintlichen „Triumph des Menschen über die Natur“ (Tempera auf Karton, Josep Renau, 1972, Entwurf zu einem Wandbild am Treppenhaus des Wohnheims im Bildungszentrum von Halle Neustadt) der siebziger Jahre zurückgeblickt wird, als die neu entwickelte Technologie der Atomkraft als Allheilmittel sowohl im Osten wie im Westen beschworen wurde.
Kuratiert von Mirjami Schuppert and Robert Huber, EGFK
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Lisa Glauer, Künstlerin und Kunsthistorikerin, ist Promotionsstipendiatin der Bauhaus-Universität, Weimar. Sie arbeitet seit 2009 als künstlerische Mitarbeiterin am Studiengang Public Art and New Artistic Strategies der Bauhaus Universität Weimar. Sie forscht zur Unsichtbarkeit von Frauenmilch als Material und Darstellung in der Kunst. BFA, SUNY Purchase, NY, MFA, Pratt Institute, New York, Master of Science in Art History, Pratt Institute, New York, MA Kunst im Kontext, Udk, Berlin. Mitbegründerin des Kunstvereins arttransponder, bis 2009 (mit Tatjana Fell) künstlerische Leiterin. Ausstellungen/Projekte: 2011, Kunsthaus Bethanien, 2010, Goethe Institute, Budapest, 2009 DA Kunsthaus Gravenhorst, 2005 Schafler Gallery, NY.